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Steinkreis Callanish I

Die Äußeren Hebriden
und die Isle of Skye


Es war eine gute Reise in eine grandiose Landschaft, zu netten Menschen, blitzsauberen B&Bs, erstaunlich gutem Essen und gutem Bier. Dieses Mal gab es keine Romanik, keine Gotik, keine verlassenen Abteien und Kirchenruinen.
Auseinandersetzen mussten wir uns stattdessen mit Stein- und Eisenzeit, Nordmännern und Wikingern, Unterdrückung und Vertreibung und der Sehnsucht nach der verlorenen Identität - und dem Wetter.
Eigentlich ist es egal, zu welcher Jahreszeit man auf die "Western Isles" reist, von irgendeiner Unbill wird man garantiert erwischt: Sturm oder Regen oder Kälte oder 'no vacancy' oder überfüllte Fähren oder Mücken.
Lange hatten wir überlegt, Reisebeschreibungen verschlungen, Statistiken bemüht, um herauszufinden, welches die beste Reisezeit sein könnte. Entschieden haben wir uns - was sonst? - falsch. Zu Ende des Monats Mai sollte es relativ trocken, nicht zu kalt und ziemlich mückenfrei sein. Außerdem ist Ende Mai noch keine Ferienzeit, so daß es an Unterkünften und Fährplätzen keinen Mangel geben sollte.
Das Risiko belegter Unterkünfte und ausgebuchter Fähren hatten wir eliminiert, indem wir sehr früh gebucht haben. Wegen des Mückensprays hatten wir ausführlich mit dem schottischen Hersteller korrespondiert. Blieb das Wetter. Und das hatte es in sich.
Hierüber und wie es uns sonst ergangen ist, was uns wichtig und interessant erschien und von dem wir möchten, daß eventuelle "Nachfahrer" davon zehren, das haben wir in 11 Kapiteln aufgeschrieben.




Themen
Einleitung | Die Reise | Die Callanish Steinkreise |
Broch Dun Carloway | Harris-Tweed | Isle of Barra
The Hebrides' Midges | The Oysterman | Black Houses |
Friends of the Classic Malts | … und sonst? |
Fortbewegung und Übernachtung
Wappen und Flagge der Äußeren Hebriden



Die Reise

Unsere eigenen 'Erfahrungen' - 1960 alleine mit der Vespa und gemeinsam im Mietwagen 2003 durch das schottische Hochland und 2010 der Trip zum Mull of Kintyre und den Inseln zwischen dem Firth of Clyde und dem Northern Channel führten zu dem immer dringlicher werdenden Wunsch, diejenige Region kennenzulernen, die für uns die "Quintessenz Schottlands" ist.
Skye alleine, so war uns klar, kann jeder; durch eine Brücke angebunden an das Festland, mit perfekter Infrastruktur und touristisch erschlossen. Entsprechend überlaufen. Ohne Skye gesehen zu haben wollten wir aber auch nicht zurückkommen.
Also überlegten wir uns eine Route, mit der sich die Kette der Äußeren Hebrideninseln Lewis, Harris, Uist, Eriskay und Barra mit Skye kombinieren ließ.
Das Zauberwort hieß Caledonian MacBrayne, kurz "CalMac", die staatliche Fährreederei, deren Schiffe die Western Isles untereinander und mit dem Festland verbinden. Mit dem Programm "Hopscotch" haben wir unsere Fahrstrecken zusammengestellt und den Abfahrt- und Ankunftszeiten und -häfen entsprechend die PKW-Routen und Tagesziele erstellt.
Da es mir ein Graus ist, gezwungenermaßen Strecken zweimal zu befahren, schied Skye als Ausgangsort von vorne herein aus. Denn von Uig, dem Fährhafen von Skye gibt es nur die

Verbindung nach Tarbert als Ausgangspunkt für die Isle of Harris und die Isle of Lewis. Und dort gibt es in Nord-Süd-Richtung nur eine Straße.

Ergo entschieden wir uns dafür - sehr zur Verwunderung unserer Gastgeber in Lewis und Skye - mit der Fähre Ullapool - Stornoway zu beginnen und uns von dort zu Land und zu Wasser nach Süden zu bewegen. So sah das Ergebnis unserer Planungen und letztendlich auch unsere Reise aus.







Überfahrt Ullapool-Stornoway



Die 'Callanish Standing Stones'

Steinkreise verströmen durch ihre Unergründlichkeit eine Magie, der man sich nicht entziehen kann. Trotz der Touristenscharen. So war es in Stonehenge und in Castlerigg im Lake District. Und so ist es auch hier bei den 12 Steinkreisen von Callanish (gälisch Calanais) auf der Isle of Lewis.


Der besterhaltene und größte der Callanish-Steinkreise datiert auf die Zeit um 3.000 v. Chr und ist damit älter als Stonehenge. Dreizehn Steine bilden den inneren Zirkel von 13 Metern im Durchmesser, in dessen Zentum ein 5 Meter hoher Monolith steht.



Während Callanish I vom sehr informativen Besucherzentrum aus problemlos zugänglich ist, sind die weiteren Steinkreise nur mit größerem Aufwand und längeren Fußmärschen durch zum Teil feuchte Weidegebiete erreichbar. Da außerdem Callanish II bis XII dem Umfang und der Anzahl und Größe der Menhire nach nicht mit Callanish I vergleichbar sind, haben wir uns, nicht zuletzt wegen des schlechten Wetters, nur auf den wichtigsten Steinkreis konzentriert.

Die Website Walkhighlands beschreibt den Steinkreis Callanish III und wie man dorthin gelangt.
"Follow the wet path, making use of several boardwalks, to reach a gate in a fence and then climb up to reach the circle. This site - Cnoc Fhillibhir Bheag in Gaelic - has twenty stones in a double circle, an impressive sight and a welcome retreat from the crowds at Callanish I on a busy day. The path back to the road isn't clear at first - head north towards the wooden chalet. Once at the main road turn left along it, then simply follow the signed road back to the visitor centre."


Abb. © Walkhighlands



Schon mal gehoert? Broch?

Ebenfalls auf der Isle of Lewis, nicht weit entfernt von den Callanish Standing Stones, steht der eisenzeitliche Broch 'Dun Carloway'.



Brochs * sind Trockenbauten, deren Steine ohne Mörtel verfugt sind. Parallel zur Außenwand eines Brochs verläuft eine durch einen schmalen Zwischenraum getrennte Innenmauer. Dieser Zwischenraum wurde als Treppenhaus genutzt, wobei die Stufen gleichzeitig für Stabilität der Innenmauer sorgten. Die Vermutungen gehen dahin, daß die Brochs weniger als Verteidigungsbauten entstanden sondern Ausdruck von Wohlstand und Macht waren.
Das Erdgeschoß wurde als Stall benutzt, während die Bewohner auf den oberen Etagen lebten, die durch hölzerne Zwischendecken getrennt waren.
Untersuchungen haben ergeben, daß die Brochs bis ins 13. Jahrhundert genutzt wurden. Bauwerke dieser Art kommen nur in Schottland und hier konzentriert auf den vorgelagerten Inseln vor: Orkney, Shetland und den Äußere Hebriden.

* Wir streiten immer noch, wie im Deutschen der Plural von "Broch" lautet. Ein deutsches Wort für diese eigentümlichen, gewaltigen Wohntürme aus der Eisenzeit gibt es nicht. Also Broche, Brochs, Brochen, Bröcher?

Abb. links: © http://www.uiglodge.co.uk




Was? Harris-Tweed kommt von der Isle of Harris?
Alles darüber und die Logik der Schotten



© www.harristweed.org

Natürlich, das weiß doch jeder. Wir aber wussten es nicht. Bis wir dort waren und es uns wie Schuppen von den Augen fiel. Nur der Tweed, der auf den Äußeren Hebriden gewoben wird, ist Harris-Tweed und darf sich so nennen.
Der Harris Tweed Act aus dem Jahre 1993 definiert Harris-Tweed wie folgt: "Harris-Tweed ist ein Stoff aus reiner Schurwolle, die auf den äußeren Hebriden gefärbt und gesponnen wurde und von Hand durch Einwohner der Inseln Lewis, Harris, Uist und Barra in deren Wohnhäusern gewebt wurde."
Warum aber heißt das auf Lewis Gewobene nicht Lewis-Tweed, das auf Uist Gewebte nicht Uist-Tweed und das von Barra nicht Barra-Tweed?
Weil, so muß man lernen, Inseln nicht gleich Inseln sind. Was immer sich die Clanführer der MacLeods, MacDonalds und MacNeils dabei gedacht haben mögen, als sie die größte der Hebrideninseln im Norden Isle of Lewis und im Süden Isle of Harris nannten? Wobei die "Isle of Harris" in Wirklichkeit zwei Inseln ist, einerseits der südliche Teil der Isle of Lewis-Harris und andererseits eine richtige Insel namens "South Harris".
Südlich liegt die Isle of Uist, die jedoch nicht aus einer geschlossenen Landmasse besteht. Vielmehr gibt es ein "North Uist" und ein South Uist". Man sollte meinen, daß damit alles klar sei. (Man hat ja bereits bei Lewis-Harris gelernt, daß bei Schottens eine Insel zwei sein können, weshalb also nicht auch zwei eine?)

Aber schon wieder ein Irrtum: Zwischen North Uist und South Uist liegt die Isle of Benbecula; es handelt sich also - nicht - um eine Insel, nicht um zwei Inseln sondern um drei. Logik auf Schottisch.
Wundert es jetzt noch jemanden, daß die drei noch arbeitenden Harris-Tweed Mills auf Lewis stehen? Natürlich. Lewis ist ja gleichzeitig Harris und - Harris auch Harris oder … Lewis?




Los, komm runter vom Flughafen!
Isles of Barra und Vatersay

In Äthiopien habe ich vor Jahrzehnten einmal eine Landung auf einer vollgeschissenen Kuhweide miterlebt. Aber das war ein Notfall. Damals wurden die Propellermaschinen vom Boden aus beschossen. Aber normaler Flugbetrieb mit Start und Landung auf einem klatschnassen Stück Strand? Fliegerlatein?

"Komm aus dem Wasser, da kommt der Flieger!"

© http://www.airport-int.com



Es ist tatsächlich so. Zwei Verbindungen täglich werden hier abgefertigt. Nach Glasgow und Benbecula. Allerdings wegen der Gezeiten mit rotierenden Abflug- und Ankunftszeiten, je nachdem wann Ebbe ist, vor- oder nachmittags.
Nur das tägliche Neuauftragen der Landebahnkennungen ist eine wahre Sisyphosarbeit. Dagegen wird die Runwaybefeuerung bei Flut automatisch gelöscht. Deshalb finden Nachtflüge nicht statt und dewegen wird auch niemand durch nächtlichen Fluglärm krank. Was zur Folge hat, daß der Anteil der Grünen-Wähler auf Barra unter 1% liegt.
Was es sonst noch gibt auf Barra? Das Hauptstädtchen Castlebay, mit seiner hoch über dem Ort thronenden römisch-katholischen Pfarrkirche (s. unten), die Burg "Kisimul", malerisch in der Bucht gelegen (daher Castle-bay), der Stammsitz des MacNeil-Clans seit dem Mittelalter und drei Restaurants, deren bestes einem Inder gehört, der "Indian and Italian Food" anbietet.





Beeindruckend sind die feinkörnigen, goldgelben Sandstrände auf der durch einen Damm (Causeway) mit Barra verbundenen Insel Vatersay.




"The Hebrides' Midges"
... klingt einfach besser als 'Die Mücken der Hebriden'





Deshalb hatte ich so meinen Reise-Report über unsere Einwochenrundreise über die Äußeren Hebriden und die Isle of Skye angekündigt. Und? Keinen einzigen Stich der Miniinsekten haben wir mitbekommen.
Dabei waren wir bestens vorbereitet, der Gefahr ins Facettenauge zu schauen. Regen, Sturm, hohe See, Nebel - alles zu erwartende, hinnehmbare und zu ertragende Naturgewalten. Aber die Midges! Diese vermaledeiten Midges!

Was nützt die präziseste Vorbereitung, wenn man sehenden Auges ins stechende Verderben rennt? Nein, es sei wegen der hohen Versandkosten nicht ratsam, zwei Sprühdosen Smidge, des einzigen, wirklich wirksamen Abwehrmittels, nach Deutschland zu schicken, schrieb der Produzent aus Schottland. Sein Produkt bekämen wir dort, wo die Midges ihr Unwesen trieben. Und das sei überall.

Eine Reise auf die Äußeren Hebriden verlangt umfangreichere Planung als ein Badeurlaub. Sagen wir auf Malle. Das intensive Studium der Wetterstatistiken (Niederschlagsmenge, Windstärke, Sonnenstunden, Tiefsttemperaturen) ergab im Monatsdurchschnitt der letzten 25 Jahre unter zusätzlicher Berücksichtigung der - jawohl - Flug- und Beißzeiten der Midges, daß die Tage zwischen dem 21. Mai und dem 16. Juni die beste, da gefahrloseste und regenärmste, in Verbindung mit den niedrigen Temperaturen die midgesärmste Reisezeit sei.

Was in Bezug auf die Midges stimmte. Denen war's einfach zu kalt. Saukalt. Vier Tage lang stieg das Thermometer nicht über 6,5°C, was sich wegen der starken Böen mit peitschendem Regen wie -5°C anfühlte. Als dann am fünften Tag die Sonne aus dem bis dahin wolkenverhangenen Himmel lugte und sich der Temperaturanzeiger auf 9°C einpendelte, da war's uns, als sei der Hochsommer eingekehrt.


© http://www.myhighlands.de/tipps/der-beste-monat-fur-schottlandreisen



Paul McGlynn, the Oysterman

Auf der Bewertungsplattform "Tripadvisor" findet sich der Oyster Shed auf Position N°5 von insgesamt 25 Isle of Skye-Attraktionen! Mit 4,8 von 5 möglichen Punkten und 420 Likes reussiert er bei Facebook.

Eine kahle, leere Wellblechhalle, eine Kühltheke, ein paar Kühlschränke mit Schaufront, Betonfußboden, keine Sitzgelegenheit. Doch zum Hinsetzen wäre es eh zu kalt und in unseren dicken, gefütterten Jacken auch zu unbequem.
Das Angebot auf der riesigen Wandtafel lockt mit "Fresh Crab, Lobster, Langoustines, Mussels, Oysters, Smoked Fish and Shellfish, Fish, Venison, Game, Pates, Cheese and Much More!!!!!"
Und zum Aufwärmen "Cooked mussels £4", "4 scallops cooked in butter £6" oder "Local seafood platter £8".

Wir haben den Oysterman ganz für uns allein, bestimmen die Themen (aktuell: Referendum zur Unabhängigkeit, Erwartungen an die EU, mögliche Konsequenzen im Verhältnis zu England und allgemein: Tourismus, Infrastruktur, Austernesser).

Ich bin hin- und hergerissen. Und lerne, als ich mich gerade an großen, dicken, fleischigen Pacific Oysters v/o Sylter Royale delektiere, daß ich in Zukunft meine Austern ohne Pfeffer und gewiß ohne Zitrone essen werde und daß der Salzgehalt der Austern vom Wind abhängig ist: Wenn wenig Wind, wenig Wasserbewegung, wenig Durchspülung. Bei der jahreszeitlich bedingten Wetterlage ruht die See im Loch Harport, dort, wo der Oysterman seine Austernfarm hat. Und deshalb sind meine Austern halt ein wenig zu salzig. Macht aber nichts. Denn nach der sechsten habe ich noch einen Nachschlag bestellt.

Jedoch Moni verweigert sich auch hier den Schalentieren und bestellt stattdessen eine Portion "hot smoked salmon". Ist schließlich 'ne Alternative.




Black Houses

An der Westküste von Lewis liegt der Weiler Arnol: viel Grün; darin mehr Ruinen als bewohnte Häuser; eine Straße. Ins Auge springt unter der Adresse "Arnol N°42" ein geducktes Gebäude mit eigentümlicher Architektur. Ein auf langgestreckten, niedrigen Rohsteinmauern ruhendes Strohdach, das mit einem weitmaschigen Netz bedeckt und von angebundenen Wackersteinen straff gehalten wird, eine gemauerte Umfriedung, aufgeschichtete Torfziegel. Und Sturm und Regen, Regen und Sturm. Vom Feinsten.
Wir stehen vor einem Black House.


Das im Originalzustand erhaltene Black House in Ariol (Isle of Lewis), dessen Bewohner 1960 die Behausung auf Veranlassung der Behörden verlassen mussten. Das Schwarzweißfoto (unten) stammt aus dieser Zeit.

"Seien Sie vorsichtig beim Betreten und im Inneren. Der Eingang ist sehr niedrig und drinnen ist es ziemlich dunkel". Wie wahr.

Der Schock ist massiv: Gerade so, wie die Bewohner es 1960 verlassen haben, ist das Black House komplett mit Innenausstattung im Originalzustand erhalten.

Black Houses bestanden aus Wohnraum (aig an teine, wörtlich "at the fire"), Schlafraum (a chulaist), Kuhstall (bathaich) und Scheune (sabhal), alles auf einer Ebene, nur durch Lattenwände getrennt, die Betten in Verschlägen, durch einen Vorhang für ein wenig Intimität sorgend und mit Strohsäcken als Matratzen.

In der Mitte des Wohnraums befand sich die zentrale Feuerstelle mit rund um die Uhr schwelendem Torf, dessen beizender Geruch die gesamte Behausung ausfüllte, der aber unabdingbar war, um das Dach trocken und in gutem Zustand zu halten. Gleichzeitig sorgte das "ewige Feuer" für das Räuchern und dafür, daß Wände, Decke, das spärliche Mobiliar und die Lungen der Bewohner schwarz gefärbt wurden. Daher "Black House".




© Arnol Visitor Centre

In solchen Unterkünften hausten die letzten Bewohner bis, nein, nicht 1750 oder 1850. Sie wohnten so bis zur finalen Umsiedlungsaktion der Regionalregierung 1970. Ein Jahr nach der ersten Mondlandung!

Abbildungen: * Hauseingang, * zentrale Torf-Feuerstelle im Wohnbereich, * Stall, * Wohn-Ess-Schlafzimmer. (Leider reichte das Blitzlicht nicht, die Räume ausreichend auszuleuchten. Das wenige einfallende Tageslicht und die Rauchentwicklung des Torffeuers verhinderten bessere Bilder.)

(Krasser noch waren die Lebensumstände auf St. Kilda. Die Inselgruppe liegt ca. 60 km westlich der Isle of Harris. Geologisch und verwaltungstechnisch gehört St. Kilda zu den Äußeren Hebriden. Die Hauptinsel Hirta war seit der Bronzezeit besiedelt. 1930 wurden die verbliebenen 36 Bewohner aufgrund eines eigenen Gesuchs auf das Festland umgesiedelt. Seitdem ist St. Kilda nur noch von dort stationiertem Militär bewohnt. Während der Sommermonate werden von der Isle of Harris aus für Toristen Tagesausflüge mit Schnellbooten angeboten.)




Friends of the Classic Malts

Frei nach Matthäus 5,37: Islay oder Lowland? Ist wirklich alles, was dazwischen ist, von Übel? Zu Hause müssen wir je eine Flasche Blednoch und Caol Ila vorhalten, weil die eine nicht auf ihr Limonen-Rosinen-Muskat-Finish und der andere nicht auf seinen Torfgeschmack verzichten will. Weil jedoch die Äußeren Hebriden weder die Inneren sind noch in Wigtownshire liegen, nahmen wir das, was es eben gab. Und siehe da, es war gut.

Im kleinen Dörfchen Carbost, knappe zwei Meilen von unserem Skye-B&B entfernt, liegt am Ufer des Loch Harport die Talisker-Distillerie.

Wir waren gut auf einen Besuch vorbereitet. Auf der Homepage hatten wir gesehen, daß die Führung stolze 7£ kostet. Aber wir hatten auch gesehen, daß sie für "Friends of the Classic Malts" kostenlos ist. Und daß für die Mitgliedschaft im 'Single-Malt-Club' kein Beitrag erhoben wird. Also habe ich uns angemeldet.

Nun, führen geht über probieren, das Motto dieser und aller Distillerien, wird weidlich ausgenutzt. Eine Stunde durch die Brennerei ... und dann nur ein Fingerhut des Zehnjährigen. Nachschlag abgelehnt.

Jedenfalls gehören wir nun - der Paß beweist's - zur Elite der Single Malt-Trinker. Mit lebenslangem, freiem Eintritt bei Talisker und weiteren elf Distillerien, u.a. bei Caol Ila. Aber bei keiner in den Lowlands.




Was wir sonst noch gelernt haben
... und gerne weitergeben


Charles (li) und Flora [Q.: Wikipedia]

Man kann ihm auf den Hebriden nicht entgehen: Bonnie Prince Charlie (Charles Edward Stuart 1720-1788), seiner Flucht auf die Hebriden und seiner Fluchthelferin Flora MacDonald (*1722 auf South Uist +1790 Skye), die deswegen als Nationalheldin verehrt wird. Nachdem seine Truppen 1746 vernichtend geschlagen waren, floh Charles auf die Äußeren Hebriden und fand bei ihr Zuflucht. Flora und Charles, der als deren Zofe Betty Burke verkleidet war, ruderten die 20 Meilen(!) nach Skye und entkamen so seinen Häschern.



Ruinen der Behausungen von Fuaigh Mòr in Loch Roag auf Lewis, deren Bewohner 1841 vertrieben wurden [Q.: Wikipedia]

Wo man auch ist, immer wieder taucht der Begriff "Highland Clearances" auf. Ein Euphemismus für die brutale Vertreibungspolitik der schottischen Feudalherren im 18. und 19. Jahrhundert. Im Gälischen heißt es im Klartext: "Fuadach nan Gàidheal", die "Vertreibung der gälischen Bevölkerung".
An der Schafzucht konnte mehr verdient werden als an der kleinteiligen Landwirtschaft durch die wie Leibeigene gehaltenen Kleinbauern (Crofters). Ohne Rücksicht auf Familienverbände, Alter und Geschlecht wurden die Crofters von einem Tag auf den anderen von ihrem Land vertrieben. Ihre Behausungen wurden abgebrannt. Ersatz wurde nicht gestellt. Das Resultat war, daß Abertausende nach Nordamerika und Australien auswanderten.



Norsische Schachfiguren von 1150/ 1200, gefunden auf Lewis um 1830 [http://www.britishmuseum.org]

Es ist nicht einfach, die im Englischen übliche Bezeichnung "Norse" oder "Norsemen" korrekt ins Deutsche zu übertragen: Nordmänner? Wikinger? Oder sind Wikinger gar nur die seefahrenden, räuberischen Nordmänner?
Jedenfalls ist vom Ende des 8. Jahrhunderts an die Geschichte der Äußeren und Inneren Hebriden, Orkneys und Shetlands Siedlungs- und Herrschaftsgeschichte der Norsen. Sie besiedelten diese Inseln, vermischten sich in den folgenden Jahrhunderten mit den hier ansässigen Gälen und übernahmen deren Sprache und christliche Religion.
Der Begriff "Kingdom of the Isles" steht für diese Herrschaftsperiode zuerst der Nordmänner, dann der Norweger. Nach dem Tod des letzten norsischen Königs Magnus Olafsson (1265) wurden die Inseln dem Königreich Schottland einverleibt. Damit verlieren sich nach 500 Jahren die Spuren der Norsen fast vollständig.



[Foto und Video © Paul Lawrence auf YouTube]

Wenn man erst einmal das Auto auf die erste Fähre gefahren hat, dann sind alle Bedenken, man könne einen Moment den Linksverkehr vergessen, vergessen: 95% der Straßen auf den Hebriden sind einspurig. Die wenigen Fahrer, die unterwegs sind, fahren extrem diszipliniert und halten, sobald Gegenverkehr in Sicht ist, in der nächsten Haltebucht.
Wer dagegen nach dem Motto "die nächste Bucht schaffe ich auch noch" fährt, der ist zweifelsohne Kontinentaleuropäer.


Eigentlich keine Kunst, mit 250 Jahren "älteste Kneipe" einer Region zu sein, wenn deren Geschichtsschreibung für die Jahrhunderte davor nicht existiert. Jedenfalls ist das "Old Inn" in Stein (sprich s-tien) auf der Halbinsel Waternish auf Skye einen Besuch wert. "Offering over 99 malt whiskies" sagt die Werbung, aber die Barfrau hat keinen Schimmer: "I don't have no idea."
Verläßt man sich eben auf die eigenen Kenntnisse oder bestellt ein Lager.


Die ausgestorbene Innenstadt von Stornoway (Lewis) an einem Sonntagnachmittag.
[Q.: http://www.theguardian.com/uk/ 2011/jan/31/western-isles-sunday-laws-equality-act]

Gress (Lewis): "No Fishing on Sunday"
[Q.: http://www.lewis-cottage.co.uk
/images/no-fishing.jpg]

Weshalb man sich vor einer Reise auf die Äußeren Hebriden Gedanken über die Religionszugehörigkeit der Bevölkerung machen sollte:
Heute, an einem Sonntag, da ich diesen Artikel schreibe, zitiert die Website der "Free Presbyterian Church of Scotland", der die meisten Bewohner der Isle of Lewis angehören, nur das Kapitel 20, Vers 8-11 aus dem Buch Exodus! "This site is closed today in recognition of the observance of the Lord's day".
Muß man noch mehr sagen? Der Sabbath (so die dortige Bezeichnung des Sonntags) ist heilig. In Stornoway (Isle of Lewis) wacht die 'Lord's Day Observance Society' mit Argusaugen darüber, daß das Dritte Gebot strikt eingehalten wird. Kein Geschäft hat geöffnet, Sonntagszeitungen erscheinen nicht.
Erst 2009 konnte "CalMac" gegen massiven Widerstand der Bevölkerung einen sonntäglichen Fährdienst nach Skye durchsetzen. Die Reederei mußte dazu sogar die britische "Kommission zur Durchsetzung der Menschenrechte" einschalten.
Nicht anders ist die Situation auf Harris, das als letzte Bastion eines erzkonservativen, fundamentalistischen Calvinismus gilt.
Doch schon in North Uist ändern sich die Mehrheitsverhältnisse. Die Hebriden werden zum Süden hin immer katholischer. Der Anteil der Katholiken auf Barra beträgt 71%, auf Vatersay sogar 80%.
Hier verkehren sonntags die Fähren und Flieger starten und landen. Zeitungen gäbe es sicherlich auch, wenn es denn Läden gäbe.




Zum guten Schluß
Wie wir gereist sind, wo wir übernachtet haben und wie uns die Hebriden vereinnahmt haben

Transport

Flug: Lufthansa Düsseldorf-Glasgow hin und zurück, 2 Personen € 220,00
Fähre: "Hopscotch"-Ticket 5 Strecken, PKW, 2 Personen £ 250,00
PKW: Golf Diesel von Alamo, Fahrstrecke knapp 1.100 km € 165,00

Übernachtungen

Home Farm, Muir of Ord (bei Inverness) ****
Loch Roag Guest House, Breasclete (Isle of Lewis) ***
The Rowans on Skye, Portnalong (Isle of Skye) ****
Struan House, Knockintorran (Isle of North Uist) ****
Tigh Na Mara, Castlebay (Isle of Barra) ***
Culag Lochside Guest House, Luss (Loch Lomond) ****




Slán go fóill, sláinte mhaith! © Friedrich Ortwein
Köln, im Juni 2014
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